Von wegen Tabu – auch Männer haben Depressionen

Ein Mann bricht sich einmal den Arm, verdreht sich das Knie beim Sport oder verletzt sich beim Handwerken. Aber traurig oder gar depressiv? Ein Mann doch nicht! Nun, dieses Schubladendenken ist noch weit verbreitet. Dabei belegen Studien schon seit vielen Jahren, dass Männer zwar seltener aber ebenso an Depressionen erkranken, wie Frauen dies tun. Auf zwei bis drei erkrankte Frauen kommt statistisch gesehen ein Mann mit diagnostizierten Depressionen.

Sind Männer anders depressiv?

Frauen und Männer weisen grundsätzlich gleiche oder ähnliche Symptome auf. Allerdings gibt es bei einigen Anzeichen einer Depression durchaus signifikante Unterschiede. Männer und Frauen erleben die Erkrankung unterschiedlich und gehen auch damit dementsprechend anders um. Auffällig ist vor allem, dass ältere Männer aufgrund ihrer Depression weit häufiger zu Suizidhandlungen neigen als Frauen. „Frauen sprechen über ihre Probleme und gestehen sich eher ein, Hilfe zu brauchen als Männer. Dies hängt mit unserer Sozialisierung zusammen und bildet sich schon im Alltagsverhalten ab, wie beispielsweise nach dem Weg zu fragen “, erklärt Martina Matysiak, Psychologische Psychotherapeutin in der privaten BetaGenese Klinik für interdisziplinäre Psychosomatik und Psychiatrie in Bonn.

Tatsächlich unterscheidet sich das Hilfesuchverhalten von Männern von dem der Frauen, beeinflusst durch überkommene Vorstellungen von traditioneller Maskulinität (Möller-Leimkühler, „Männer und Depression. Geschlechtsspezifisches Hilfesuchverhalten“). So fällt es Männern offensichtlich schwerer als Frauen, ihre Gefühlswelt zu artikulieren. Männer klagen auch weniger über somatische Beschwerden oder vitale Erschöpfung und schätzen sich auch oft als weniger depressiv ein. Um ihre Probleme zu überspielen, flüchten weitaus mehr Männer als Frauen in Alkohol- und Medikamentenmissbrauch sowie andere exzessive Verhaltensweisen. Die eigentliche Erkrankung wird somit häufig verdeckt.

Männer fühlen sich hoffnungslos

Sehr viel häufiger als Frauen aber beschreiben Männer eine tiefe Hoffnungslosigkeit. Vor dem Hintergrund einer verbreiteten Leistungsorientierung fühlen sich depressiv-kranke Männer als Versager, was die zunehmende Suizid-Neigung älterer männlicher Kranker erklären könnte: Sie ist nahezu drei Mal so hoch wie die von depressiv-kranken Frauen vergleichbaren Alters. Martina Matysiak rät Betroffenen, ihre depressive Stimmung ernst zu nehmen, nicht zu verbergen und bei ersten Anzeichen therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen: „Depressionen sind gut behandelbar, vor allem dann, wenn sie frühzeitig angegangen werden.“

Einen Artikel zu dem Thema Männerdepressionen finden Sie hier

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