Der Granatapfel sieht verführerisch aus, aber wie komme ich an die köstlichen Kerne aus dem Inneren der Frucht? Kein Problem, wir haben ja gelernt, dass uns alles auf YouTube gezeigt wird, Schritt für Schritt. Um nichts falsch zu machen, schaue ich es mir gleich zweimal an. Kinderleicht, denke ich. Irrtum: Die glitschigen Kerne fliegen durch die ganze Küche, hinterlassen an den Wänden dunkelrote Spuren. Schuld hat nicht das dämliche Video, Schuld hat meine Selbstüberschätzung. Das haben Wissenschaftler der Universität Chicago festgestellt.
Wie oft denken wir doch, wenn wir anderen bei etwas zusehen, „das kann ich auch.“ Aber ebenso häufig überschätzen wir dabei unsere Fähigkeiten maßlos. So lautet das Fazit einer Untersuchung, die Michael Kardas und Ed O’Brien von der University of Chicago kürzlich publiziert haben.
Die Wissenschaftler gingen der Frage nach, ob man allein vom Zuschauen lernen könne. Dafür wurden 200 Probanden in mehreren Versuchsreihen getestet. So wurde beispielsweise einer Gruppe ein Dart-Video einmal gezeigt, einer zweiten Gruppe zwanzigmal. Dann sollten die Probanden selbst Pfeile auf eine Dartscheibe werfen. Das Ergebnis: beide Gruppen spielten gleich gut beziehungsweise gleich schlecht. Allerdings gab es einen Unterschied. Die Gruppe, die das Video zwanzigmal gesehen hatte, war im Vorfeld viel optimistischer, eine hohe Punktzahl zu erzielen als die andere Gruppe. Diese Beobachtung machten die Wissenschaftler auch bei weiteren ähnlichen Versuchen. (Mehr über die Studie der Universität in Chicago erfahren Sie hier)
Die Schlussfolgerung der Wissenschaftler: Allein vom Zusehen lernt man bestimmte Fähig- und Fertigkeiten nicht, da hilft nur üben, üben, üben. „Das gilt übrigens auch ohne Einschränkung für die Psychotherapie, insbesondere für die Körpertherapie“, erklärt Jörg Junker, Sportwissenschaftler und leitender Körpertherapeut an der privaten BetaGenese Klinik für interdisziplinäre Psychosomatik und Psychiatrie in Bonn.
Regelmäßige, gezielte Übungen helfen, den eigenen Körper besser verstehen zu lernen.
Für die Therapeuten der BetaGenese bilden Körper, Geist und Seele eine untrennbare Einheit. Daher hat die Körpertherapie neben der Gesprächstherapie und der Aufarbeitung von psychischen Problemen für sie einen hohen Stellenwert. Das Erleben, Erfühlen und Erspüren des Körpers trägt zum Heilungsprozess und Therapieerfolg bei. Durch die Körpertherapie lernen die Patienten, wie sie ihren eigenen Körper dazu nutzen können, den Geist zu stärken und zu beeinflussen, sich realistisch einzuschätzen und selbst zum Experten für ihr körperliches Wohlbefinden zu werden. Junker: „Und dieses Gefühl für den eigenen Körper kann man nicht durch Tipps oder durch Beobachtung erlernen, sondern nur durch praktische Übungen, die die Betroffenen konsequent und regelmäßig anwenden müssen.